Sagen Der Feuersegen

KINDER- UND FAMILIENPARK BAUTZEN GESUNDBRUNNEN

Zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges kam eine Zigeunerfamilie nach Bautzen. Da die beiden Kinder krank waren, ging die Mutter von Haus zu Haus, ohne jedoch eine Unterkunft zu finden. Gegen Abend kam sie traurig zurück und saß nun mit ihrem Mann und den Kindern vor dem Stadttor. Da kam ein Bautzener Bürger vorüber und erblickte die Zigeuner. Und obwohl er arm und dürftig aussah, fragte er sie dennoch, warum sie so klagten. Sie erzählten ihm ihre Not. Der Mann überlegte nicht lange, sondern hieß sie mitgehen.

Er führte sie nach der Goschwitz, wo er in einem Häuslein an der Stadtmauer wohnte. Bald brachte er Speisen und ein warmes Getränk herbei und bereitete den Zigeunern ein Lager aus frischem Stroh. So versorgte er sie mehrere Tage lang, bis die Kinder wieder gesund geworden waren. Da zogen die Zigeuner weiter. Ehe sie aber Abschied nahmen, sagte der Zigeuner:

„Wir wollen nicht undankbar von dannen gehen, sondern wollen ein bleibendes Zeichen zurücklassen. Von dieser Stunde an wird dies Haus kein Raub der Flammen werden – und wenn auch die ganze Stadt in Schutt und Asche verwandelt werden sollte!“

Dann murmelte er den sogenannten Feuersegen, und die Zigeuner zogen davon. Der Mann glaubte anfangs die Worte des Zigeuners nicht. Doch er wurde bald eines Besseren belehrt. Einige Zeit darauf wurde Bautzen nämlich von Wallenstein und seinen Landsknechten erobert. Wallenstein selbst zog nach Böhmen weiter. Er ließ aber den Oberst Martin Maximilian von Golz als Stadtherrn zurück. Einige Monate darauf schickte der sächsische Kurfürst Johann Georg I. ein gewaltiges Heer von 40 000 Mann, das die Stadt Bautzen erobern sollte. Das war am 2. Mai 1634.

Oberst von Golz ließ sofort, ehe er abzog, die Vorstädte Bautzens in Brand stecken. Der Wind trieb das Feuer in die innere Stadt, die eng und verwinkelt war. Die mit Holz erbauten Häuser wurden von den Flammen ergriffen. Die Judengasse, wo Heu, Stroh und Getreide aufbewahrt wurden, begann sofort zu brennen. Die Bürger rannten mit ihren Eimern nach Wasser. Aber von den 280 Brunnen der Stadt waren durch die Wallensteiner 238 verschüttet worden, so dass nur wenig Wasser zum Löschen des Brandes da war. Inzwischen griff das Feuer auf die anderen Straßen über. Viele Bürger versuchten Wasser aus der Spree zu holen. Aber was half das! Feuer, Dampf, Rauch und Glut drangen in alle Keller und Verstecke. Rathaus, Ratskeller, Türme und ungezählte Häuser brachen krachend zusammen. Niemand konnte dem Feuer Einhalt gebieten. Verbrannte und Verletzte lagen überall umher. Ihr Geschrei mischte sich mit dem Jammern der Kinder und Frauen, mit dem Prasseln der Flammen und dem Donner der stürzenden Mauern. Haus um Haus, Straße um Straße sank qualmend in Schutt und Asche zusammen.

Nur das Häuslein jenes Mannes blieb wie durch ein Wunder unversehrt, obwohl die Wallensteiner mehrmals brennende Pechkränze aufs Dach warfen. Es soll erst vor hundert Jahres wegen Baufälligkeiten niedergerissen worden sein. Bis zum Jahre 1835 aber dachten die Bautzener alljährlich an den schrecklichen Stadtbrand zurück und hielten einen Trauertag für die ungezählten Toten ab.