Wandert man von Bautzen spreeabwärts nach Norden, so kommt man bald an eine Stelle, die im Volksmund „Der Abgott Flinz“ heißt. Zu beiden Seiten der Spree steigen mächtige Granitfelsen empor. Buschwerk und Bäume erheben sich in den Hängen, und auch auf den beiden Höhen befinden sich schmale, baum- und buschbestandene Streifen, ehe die Felder beginnen.
Unten im Tale aber, das der Wasserlauf einst schuf, als er den Granitriegel durchbrach, tritt das Buschwerk bis an das Ufer des Flusses. Hier herrscht an heißen Tagen eine sommerliche Stille, die nur vom Raunen des Wassers unterbrochen wird. Ein solches stimmungsvolles Tal nennt man einen Skala, ein Felstal; es gibt ihrer einige im schönen Lausitzer Lande.
Vor vielen Jahrhunderten herrschte hier nicht diese Waldsommerstille, denn hier waltete der Wille eines Gottes. Ein mächtiger Fels steigt auf der Westseite der Spree lotrecht aus dem Wasser empor. Auf seiner Höhe stand damals das reich geformte Bildwerk des sorbischen Totengottes Flinz. Flinz glich einem Gerippe; in der Hand trug er eine Fackel oder eine brennende Schale. Auf seiner Schulter aber zeigte sich ein furchterregender Löwe. So stand Gott Flinz auf einem steinernen Altare. In den Höhlen der Hänge lebten Menschen, die ihm dienten; es waren Priester. – Wenn der Löwe seine gewaltige Stimme erhob, wenn die Feuergaben weithin brannten, dann neigten sich die Priester vor ihrem Gotte und brachten ihm vielerlei Opfer dar.
Einst, als die Deutschen durch das Land gingen und mit Feuer und Schwert das Christentum ausbreiteten, fand die Zeit des Gottes Flinz ein Ende. Sein Bildnis wurde vom Fels gestoßen und stürzte in die Tiefe der Spree.
Noch heute, so berichtete die Sage, ruht es unterhalb des mächtigen Felsens. Wenn das Wasser ruhig und hell ist, schimmert etwas Glänzendes aus der Tiefe heraus. Ist es das Spiel
der Sonnenstrahlen am Fels und ihr Spiegelbild? Die Sage erzählt, das Wasser gehe unter dem Felsen in großen Höhlen und Schluchten dahin; unermessliche Schätze ruhen auf deren Grunde. Doch mancher, der danach zu tauchen versuchte, kam ohne Erfolg wieder empor.
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